Geschichte unserer Abtei

Eine lebendige Zeit im oberen schönen Feld

In einem abgeschiedenen Tal am Rande der Staudenlandschaft bei Gessertshausen in Bayerisch-Schwaben erhebt sich ein Kirchturm von einem Kloster; es ist die Zisterzienserinnenabtei Oberschönenfeld. Ihre Lage in dem weitgehend unberührten wasser- und waldreichen Schwarzachtal erinnert an ihre Gründung im Mittelalter. Einerseits vermittelt die Abtei die Leistungen der Landkultivierung, andererseits dokumentiert die schlichte Architektur der Klosteranlage den Geist zisterziensischer Einfachheit und Ordnung. Die Abgeschiedenheit des Ortes und das Leben der Schwestern sind die beredten Zeugen der Gegenwart Gottes.

Ein urkundlich gesichertes Gründungsdatum fehlt zwar, doch stimmen sämtliche Legenden, die sich um die Anfänge unseres Klosters ranken, in ihrem Kern überein. Um das Jahr 1186 schlossen sich fromme Frauen, sogenannte Beginen, im nahe gelegenen Weiherhof, der damals Obernhofen hieß, zu einem gemeinsamen Leben zusammen. Sie siedelten wohl im Jahre 1211 auf das heutige Klostergelände über. Der Grund der Übersiedlung dürften wohl die Schenkung von Grund und Boden gewesen sein. Durch alle Jahrhunderte hindurch hat der Konvent von Oberschönenfeld an diesem Gründungsjahr 1211 festgehalten.

1211
Gründung einer ersten klösterlichen Gemeinschaft durch die Grafen von Dillingen.

Den Frauen im schönen Feld war der aufstrebende Zisterzienserorden bekannt geworden. Sie schlossen sich ihm an, was aus der ersten päpstlichen Urkunde, datiert vom 28. August 1248, zu ersehen ist, denn sie setzt schon ein bestehendes Zisterzienserinnenkloster voraus.
Die Gründungsphase, die mit dem Tod der Äbtissin Adelheid II. im Jahre 1286 ihrem Ende zuging, ist von einer steten Mehrung des Besitzes durch Stiftungen und Zukäufe gekennzeichnet. Beständigkeit und gleichmäßiges Wachstum kennzeichnen die Entwicklung bis zur Reformation. Das stille Kloster wurde ein religiöses Zentrum. Die Menschen wussten um die tiefe Gottverbundenheit der Schwestern, denn man trug vertrauensvolle Bitten an sie heran. Die ersten Äbtissinnen waren sehr darum bemüht, ein solides, geistiges und materielles Fundament zu legen und den Geist der Gründerjahre wach zu halten.

1248
Erste urkundliche Erwähnung von Kloster Oberschönenfeld. Bestätigung der Privilegien des Zisterzienserordens für Oberschönenfeld durch Papst Innozenz IV. (1243-1254).

1254
Stiftung des Patronatsrechts an der Kirche in Dietkirch durch Volkmar II. von Kemnat (ca. 1230 – nach 1282).

1255
Erstmalige Erwähnung der Ortsbezeichnung “Ober-Schönenfeld“

1256
Volkmar II. von Kemnat und seine Familie werden als “veri fundatores“, als eigentliche Gründer von Kloster Oberschönenfeld bezeichnet.

1262
Weihe der ersten Kirche unter Äbtissin Adelheid I. (1261-1271).

1340
Gründung des Dorfes Neumünster durch Äbtissin Hildegund III. (1332-1342).

Die Zeit vom Beginn der Bauernkriege bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges ist ein Weg durch „dunkle, finstere Täler“( Ps 23), gepaart mit einer unerschütterlichen Standhaftigkeit zum katholischen Glauben während der Reformationszeit. Weiterhin ist diese Zeit gekennzeichnet durch den Wandel vom adeligen Damenstift zum bürgerlich geprägten Kloster, die äußeren und inneren Reformen nach der Beendigung der Reformationskriege und schließlich die Ereignisse des Krieges von 1618 bis 1648. Um den Bestand der Ordensgemeinschaft auf Dauer zu sichern, setzten die Äbtissinnen Ursula II. von Tanneck(reg. 1522-1552) und Agnes V. von Burtenbach(reg. 1553-1571) die Aufnahme bürgerlicher Kandidatinnen als Chorfrauen durch. Als Äbtissin Ursula 1552 starb, bestand die Gemeinschaft nur noch aus drei Schwestern. In unbeugsamen Gottvertrauen führte die neue Äbtissin Agnes von Burtenbach ihren Konvent durch die dunkle Zeit weiter. Um Gebet und Arbeit wieder in die rechte Ordnung zu bringen, wurden Laienschwestern aufgenommen, die sich nicht zum feierlichen Chordienst verpflichtet hatten.

1525
Bauernkrieg. Flucht des Konvents nach Augsburg.

1546
Reformation. Flucht des Konvents nach Landsberg.

1570
Äbtissin Agnes V. von Burtenbach zu Hammerstetten (1553-1571) setzt die Aufnahme bürgerlicher Frauen in den Konvent durch.

Der ersten bürgerlichen Äbtissin Barbara II. Elchinger (reg. 1571-1601) gelangen durchgreifende Erneuerungen, wie zum Beispiel die Wiederherstellung des Armutsgebotes. Als 1616 ein Abt von Citeaux die Abtei besuchte, lobte er das gute Ordensleben. Der gesamte Chordienst wurde feierlich gestaltet; es wird von der Anschaffung eines neuen Chorgestühls, das noch in der heutigen Abteikirche steht, und einer neuen Orgel berichtet.
Als der Dreißigjährige Krieg die Schwestern zu einer mehrjährigen Aufgabe ihres Hauses und zur Flucht ins Exil nach Schloss Thurnfeld bei Hall in Tirol zwang, wählten sie Elisabeth Herold zur Äbtissin(reg. 1633-1657). Sie rettete das ihr anvertraute Haus über die Schrecken der Kriegsgeschehnisse hinweg und mit übermenschlichen Anstrengungen gelang es ihr und ihrem Konvent, die gesamte Klosteranlage wieder bewohnlich zu machen. Die Abtei blühte in geistlicher und in weltlicher Hinsicht wieder auf. Weniger gut waren die wirtschaftlichen Belange, die zu einer harten und armen Lebensweise nötigten.
Ebenso fand Elisabeth Herold noch die Zeit, alle wesentlichen Urkunden und Berichte über die Abtei zu sammeln, um damit sorgfältig eine sogenannte Hauschronik zu erstellen, die bis heute eine lebendige Verbindung mit allen ist, die je in Oberschönenfeld in der besonderen Nachfolge des Herrn standen und noch in Zukunft stehen werden. Außerdem ließ sie eine Äbtissinnengalerie all ihrer Vorgängerinnen anlegen.

1571
Barbara Elchinger wird als erste bürgerliche Frau zur Äbtissin gewählt. Besuch Kaiser Maximilians II. (1603-1624).

1607
Neubau des Klosters unter Äbtissin Susanna Willemayr (1603-1624).

1632
Flucht nach Schloß Thurnfeld bei Hall in Tirol. Oberschönenfeld im Besitz des Obristen Thomas Sigismund Schlammersdorf.

1635
Rückkehr des Konvents aus Schloß Thurnfeld bei Hall in Tirol.

1636
Äbtissin Elisabeth II. Herold (1633-1657) beginnt mit der Abfassung einer Klosterchronik.

1645
Flucht des Konvents nach der Schlacht bei Alerheim.

1646
Flucht des Konvents vor dem Anmarsch französischer und schwedischer Truppen.

1657 – 1685
Äbtissin Anna Maria Weinhart (1657-1685) vollendet die Wiederherstellung des Klosters nach den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges.

Die folgenden etwa 150 Jahre bis zur Säkularisation, mit einer kurzen Unterbrechung (1701-1714) durch den spanischen Erbfolgekrieg, bildeten für Oberschönenfeld eine Zeit großer Blüte. Äbtissin Hildegard Meitzner übertrug am 5.1.1718 dem Vorarlberger Barockbaumeister Franz Beer II den Neubau des Klosters. Nach Vollendung der Klosteranlage entschloss man sich 1721, auch die Kirche neu zu errichten, die am 25.7.1729 geweiht werden konnte. Die Ausgestaltung der Kirche ist ein Werk des späten Augsburger Rokokos:
Joseph Mages und sein Schüler Joh. Joseph Anton Huber malten die Kuppelbilder. Das Gemälde am Hochaltar ist signiert von Joseph Hartmann.
Bis 1758 war die gesamte Kosteranlage neu errichtet und ausgestattet. Jeder äußere Glanz erhält seinen letzten Sinn, seine geistige Schönheit im Gotteslob der Schwestern.

Noch zu erwähnen ist, dass weitere eindrucksvolle und kunsthistorisch wichtige Bauwerke an Oberschönenfelds baufreudige Äbtissinnen erinnern, wie die Wallfahrtskirche in Violau, die Pfarrkirchen in Dietkirch und Altenmünster, die Kirchen in Wollishausen und Mödishofen, ebenso die St. Leonhardkapelle in Gessertshausen und die Scheppacher Kapelle in der Nähe des Klosters.

1703
Flucht des Konvents im Spanischen Erbfolgekrieg.

1718
Neubau des Konventsgebäudes unter Äbtissin Hildegardis Meixner (1685-1722)
1721
Beginn des Neubaus der Kirche.

1729
Einweihung der neuen Kirche unter Äbtissin Victoria Farget (1722-1742).

Mit der Säkularisation 1803 begann die größte Bewährungsprobe für die klösterliche Gemeinschaft. Mit dem Tod von Äbtissin Irmengard Stichaner wurde staatlicherseits eine Neuwahl nicht mehr erlaubt, ebenso durften keine Novizinnen aufgenommen werden. Der gesamte Besitz der Abtei, wie Kirche, Kloster, Liegenschaften ging an den bayrischen Staat über. Für die Schwestern bedeutete das den Entzug ihrer wirtschaftlichen Existenz; sie erhielten eine armselige Pension. Der Konvent zählte damals 31 Schwestern. 1834 lebten nur noch fünf Konventualinnen. Mit außerordentlichen Kraftanstrengungen gelang es aber, das Kloster im Jahre 1836 zu rekonstruieren. Ausschlaggebende Vorraussetzung hierfür bildete die Bereitschaft, eine Haus- und Handwirtschaftsschule einzurichten, die von den umliegenden Dörfern gerne angenommen wurde. Ein Jahr nach der Wiederzulassung schlossen sich fünf junge Frauen dem Konvent an. Die Chronik berichtet, dass der Tag der Einkleidung ein wahrer Jubel- und Freudentag sowohl für das Kloster, als auch für die Bevölkerung der Umgebung war. Zisterziensisches Ordensleben konnte bald wieder in vollem Umfang geführt werden.

1803
Säkularisierung des Klosters. Der Konvent verbleibt im Klostergebäude.

1836
König Ludwig I. von Bayern (1825-1848) rekonstituiert das Kloster.

Zielstrebiger Aufbau prägte die Jahre bis zur Jahrhundertwende. 1899 wurde die Kommunität wieder in den Zisterzienserorden eingegliedert, 1918 erhob König Ludwig III. von Bayern das Kloster erneut zur Abtei. Doch erst nach vier Jahren wurde 1922 eine neue Äbtissin gewählt, die bisherige Priorin Cäcilia Zimmermann.
Während des ersten Weltkrieges beherbergte die Abtei ein kleines Lazarett. Im zweiten Weltkrieg öffneten die Schwestern noch weiter die Pforten für Flüchtlinge. Im April 1945 wurde Oberschönenfeld von den Amerikanern besetzt. Die Schwestern halfen, wo sie nur konnten; Tag und Nacht wurde Brot gebacken, um den Hungernden zu helfen.

1899
Aufnahme von Kloster Oberschönenfeld in die oberdeutsch-schweizerische Kongregation der Zisterzienserklöster. Kirche, Konventgebäude und Klostergarten werden vom Konvent zurückgekauft.

1918
König Ludwig III. von Bayern (1912-1918) erhebt Kloster Oberschönenfeld erneut zur Abtei.

1922
Wahl der Priorin Cäcilia Zimmermann zur ersten Äbtissin nach der Säkularisation.

1949 entsagte Äbtissin Cäcilia nach mehr als fünfzigjähriger Amtszeit der Leitung des Klosters. Als Nachfolgerin wurde am 10.11.1949 Sr. M. Caritas Schmidberger gewählt.
Zu den ersten Amtshandlungen von Äbtissin M. Caritas gehörte 1951 die Entsendung von fünf Schwestern nach Brasilien. Nach anfänglichen großen Mühen kam es bald zu einer raschen Entfaltung der Neugründung Nossa Senhora de Fatima, Itarare´, im Staat Sao Paulo, die schon 1968 zur Abtei erhoben wurde. Seitdem pulsiert dort klösterliches Leben, durchwirkt vom zisterzienserischem Geist, in Kirche, Schule, Kindergarten und Armenpflege. Ebenso sind von dieser Abtei aus zwei weitere Klöster gegründet worden, die inzwischen zu Abteien erhoben wurden und von brasilianischen Äbtissinnen geleitet werden.

Die Geschichte lehrt uns, dass auch ein Kloster den ständigen Veränderungen der Zeit unterworfen ist. Die gesamte Klosteranlage, wie sie im 18. Jahrhundert entstanden war, überstand die Säkularisation und die beiden Weltkriege. Akute Substanzgefährdungen in den Jahren nach 1960 erforderten eine umfangreiche Instandsetzung.

1949
Wahl der Äbtissin M. Caritas Schmidtberger

1951
Gründung eines Tochterklosters in Brasilien.

1961
Einrichtung einer neuen Orgel in der Klosterkirche.

Mangelnde Arbeitskräfte, steigende Löhne und niedrige Agrarpreise zwangen die Abtei 1971 die typisch – zisterzienserische, jahrhunderte lange Tradition der Landwirtschaft aufzugeben und zu verpachten.
Ein einschneidendes und schmerzliches Ereignis!
Eine neue Phase der Klostergeschichte begann. Denkmalbehörden und Heimatpflege sprachen sich nachdrücklich für die Erhaltung der gesamten Klosteranlage als „kulturgeschichtliches Dokument“ aus, so dass man im Jahr 1972 mit der Renovierung des gesamten Klosterkomplexes begann, die bis 1995 andauerte, und unter Äbtissin M. Ancilla Betting (reg. 1985-2008 ) zu Ende geführt wurde. Sämtliche Ökonomiegebäude pachtete der Bezirk Schwaben, um darin ein Volkskundemuseum zu errichten, das am 5. Juli 1984 eröffnet wurde.
Neben der Verpachtung der Ländereien und der Wirtschaftsgebäude ist die Brotbäckerei, die nach einem klostereigenen Rezept begehrtes Holzofenbrot herstellt, eine wichtige Einnahmequelle. Die Einkünfte werden weiter ergänzt: durch einen neuen, modernen Klosterladen, durch vermietete Wohnungen im ehemaligen Pfortenhaus und durch die vermietete Gaststätte „Klosterstüble“. Ebenso pflegen wir die Gastfreundschaft sehr und sind offen für Ruhe und Erholung suchende Menschen. Die Abtei bietet Raum und Stille für geistliche Seminare und Exerzitien. Seit 1976 fördert der „Freundeskreis Oberschönefeld“ e.V. die wirtschaftlichen und kulturellen Belange der Abtei. Ebenso wird die kleiner und älter werdende Gemeinschaft in der Bewältigung ihrer anfallenden, vielfältigen Aufgaben, neben den Mitarbeitern, von Mitgliedern des Freundeskreises freundschaftlich und ehrenamtlich, großherzig und selbstlos unterstützt. Alles zur größeren Ehre Gottes! Ihnen allen ein herzliches Vergelt´s Gott!

1971
Verpachtung der Landwirtschaft

1973
Beginn der umfassenden baulichen Erneuerung aller Klostergebäude.

1976
Gründung des Freundeskreises Kloster Oberschönenfeld e.V.

1984
Eröffnung des schwäbischen Volkskundemuseums in den Gebäuden der ehemaligen Klosterökonomie.

1985
Wahl der Äbtissin M. Ancilla Betting

1992
Errichtung des Hauses Emmaus im Klostergarten.

1994
Abschluß der Gesamtinstandsetzung von Kloster und Kirche.

1998
Bau eines Meditationsraumes.

2008
Wahl der Äbtissin M. Gertrud Pesch

Im Jahre 2011 konnte unsere Abtei auf 800 Jahre lebendiges Leben im oberen Schönenfeld zurückblicken, was die Schwesterngemeinschaft mit vielen Gästen und Freunden aus Kirche (kath. und evang.), Orden, Politik, Gemeinden und familiärem Kreis in freudiger Dankbarkeit feierte. Eine bewegende Freude war und hinterliess der Besuch und die Begegnung mit Abt Olivier Quendel aus der Mutterabtei unseres Zisterzienserordens, Citeaux.

2011
800 Jahre Abtei Oberschönenfeld.

Ende November 2012 wurde der Weiherhof mit der dazu gehörigen Kapelle, der seit der Säkularisation sich in Privatbesitz befand und nun zum Verkauf angeboten wurde, von einem anonymen Stifter der Abtei zurück erworben.

2017 kam es zu dem Beschluss der Nutzung des Weiherhofes durch den Bezirk Schwaben als künftiges Depot für Künstlernachlässe aus Schwaben.

Was nun folgt, ist Gegenwartsgeschehen.

Wechselvoll ist die Geschichte unserer Abtei, sie wird es wohl bleiben, denn die Liebe zu unserer Berufung, Gott im Dienst der „Familie der Zisterzienser“ und der Kirche zu suchen, um auf diesem Wege den Menschen im Gebet nahe zu sein, lebt vertrauend und hoffnungsvoll weiter.

2012
Zurückerhaltung des Weiherhofes durch einen Stifter.

„Selig ist der, in dem das Wort ist, der für das Wort lebt, der durch das Wort bewegt wird“.

Bernhard von Clairvaux