Begrüssung des Heiligen Vaters Franziskus


durch den Generalabt MauroGiuseppe Lepori
Heiliger Vater!
Mitten im Generalkapitel des Zisterzienserordens sind wir vor allem deswegen gekommen,
um Ihnen unsere tiefe Dankbarkeit auszudrücken. Wie der heilige Petrus, so schenken Sie
uns die Freude der Begegnung mit Christus nicht nur durch diese Audienz, sondern durch
alle Ihre Worte, Gesten und Ihr liebendes Gebet. Das gibt uns Mut und Kraft für den
mühsamen Weg unserer Gemeinschaften, die über die ganze Welt verstreut sind, von Asien
bis Amerika, von Afrika bis Europa. Wir sind darauf angewiesen, um unter uns die Schönheit
der Begegnung in Christus, d.h. die Gemeinschaft der Kirche zu entdecken, und ihre großen
Dimensionen des tiefen Gebetes, der missionarischen Leidenschaft und der vorrangigen
Sorge für die Armen leben zu lernen, wovon Sie unermüdlich Zeugnis geben.
In diesen Tagen des Generalkapitels nehmen wir mit größerer Intensität die manchmal
widersprüchlichen Herausforderungen wahr, denen wir uns stellen müssen, denn einerseits
erleben wir in Europa eine zunehmende Zerbrechlichkeit und Verunsicherung, andererseits
jedoch in Vietnam eine außergewöhnliche Zunahme der Berufungen, die Ausbildung und
Begleitung erfordern. In der Schule des Charismas des heiligen Benedikt und unserer
Zisterzienserväter und mütter lernen wir, dass wir in jeder Herausforderung vom
auferstandenen Herrn grundsätzlich die Aufforderung des Glaubens annehmen müssen, d.h.
des Vertrauens, dass er, der uns von unserer Schuld erlöst, gegenwärtig ist und uns einlädt,
ihn zu lieben und ihm zu folgen, wohin der uns führen will.
Um zu leben, was wir sind, um unser zisterziensisches Charisma ungeachtet unserer
Schwäche leben zu können, drängt es sich immer mehr auf, gemeinsam zu gehen, und dazu
müssen wir uns Ihrem Aufruf öffnen, Heilige Vater, und bewusst und ganz konkret in das
synodale Wesen der Kirche hineinwachsen gemäß unserer besonderen Berufung und
Sendung. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um zu erkennen, dass wir nur so
vorankommen, dass wir nur so nicht allein und unfruchtbar bleiben, und dass wir nur so
wirklich dem Herrn folgen.
Jedes Generalkapitel ist eine Zeit der Gnade, in der wir uns des Geschenks unserer Berufung
erneut bewusst werden. Aber es ist auch eine Zeit der Prüfung, die uns erkennen lässt, dass
unsere Treue auf dem Weg der Brüderlichkeit und des gegenseitigen Zuhörens im Dienst
des Zeugnisses von der Liebe Christi für die gesamte Welt weitergehen muss.
Die Erfahrung und die Gnade unseres Ordens ist die auch juristische Einheit seiner
weiblichen und männlichen Mitglieder. Das lässt uns die selbstlose Komplementarität der
Frau und des Mannes in der Nachfolge des Herrn erleben. Wir sind glücklich, auch diese
Erfahrung der Kirche und in der Kirche schenken zu dürfen zum Lob und Ruhm ihrer
Sendung.
Heiliger Vater, am ersten Tag unseres Kapitels habe ich mich an Ihre Ansprache zur
Eröffnung des synodalen Weges erinnert, an Ihren Satz: „Die Begriffe Gemeinschaft und
Mission laufen Gefahr, ein wenig abstrakt zu bleiben, wenn man nicht eine kirchliche Praxis
pflegt, die die Konkretheit der Synodalität in jedem Schritt des Weges und des Vorgehens
zum Ausdruck bringt und die wirkliche Beteiligung eines jeden Einzelnen fördert und dass
„alle aufgerufen sind, am Leben der Kirche und ihrer Sendung teilzunehmen“ (9.Okt.2021).
Danke, Papst Franziskus, dass Sie uns auch mit dieser Begegnung Kraft geben für unsere
Berufung, in welcher wir heute mit Freude unseren treuen Gehorsam in Ihre Hände
erneuern wollen!