Ein Blick hinter die Kulissen der Großbaustelle Weiherhof im Schwarzachtal. In zwei Jahren soll das alte Gebäude sein neues Gesicht zeigen.
Landkreis Augsburg. Wer durch die kunstvoll beschlagene Flügeltür den Weiherhof betritt, steht nicht wie früher in der Gaststube, sondern unter freiem Himmel. Das Stockwerk über der ehemaligen Ausflugswirtschaft ist ebenso verschwunden wie der Dachstuhl. Der markante Schweifgiebel ist abgebaut. In den nächsten zwei Jahren wird der Weiherhof komplett umgekrempelt, um dann in alter Optik eine neue Funktion zu bekommen.
Der Weiherhof soll in Zusammenarbeit von Bezirk und Landkreis ein barrierefreier Lern- und Bildungsort werden. Die Kunstangebote sollen sich an alle Altersgruppen richten. Alle Fachrichtungen der bildenden Kunst sollen angesprochen werden. Matthias Hain vom Bezirk Schwaben und Silvia Kugelmann, die frühere Bürgermeisterin von Kutzenhausen und selbst Kunstschaffende, sowie der Künstler Norbert Kiening hatten die Ideen ausgebrütet.
Geplant sind acht Appartements für Künstler, Ateliers, Werkstätten, Multifunktionsräume und auch ein Café im vorderen Bereich des Weiherhofs – dort, wo sich früher die Gastwirtschaft mit ihrer rustikalen Einrichtung befand. Statt dunkel und gedrungen wird es luftig: Geplant ist ein großer Raum, der sich, nur durch eine Galerie unterbrochen, bis zum Dach öffnet. Modern wird auch der kubusförmige Neubau an der Nordseite des Weiherhofs. Er ist Teil des Kulturkonzepts, das der Bezirk Schwaben entwickelt hat – federführend Silvia Kugelmann. Kinder und ältere Schülerinnen und Schüler sollen dort ihre Kreativität ausleben können.
Mitte Mai soll der Rückbau des alten Gemäuers beendet sein. Das heißt: Der Dachstuhl ist abgebaut und ebenso das erste Geschoss, in dem sich früher unter anderem Gastzimmer befanden. Später soll auf die statisch ertüchtigten Grundmauern eine Stahlbetondecke gebaut werden, auf die dann in Holzbauweise ein Obergeschoss und ein neues Dach gesetzt werden. Die Außenwände erhalten Putz und gleichen damit optisch genauso wie der nachgebaute Barockgiebel dem bekannten Erscheinungsbild.
Der komplette Umbau geschieht in enger Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege, erklären Architekt Roman Schädle und Silvia Kugelmann. Derzeit wird diskutiert, was mit dem Gewölbe der ehemaligen Stallung passiert. Etliche lange Gewindestangen, die außen mit dem Mauerwerk verbunden sind, halten den fragilen Gebäudeteil zusammen.
Damit Vergangenheit und Gegenwart auf dem Weiherhof zusammenkommen, war in den vergangenen Monaten viel Recherchearbeit nötig. Sie ging so weit, dass Silvia Kugelmann bei Feuerwehrmännern anklopfte, die in den 1970er-Jahren mit Löscharbeiten bei einem schweren Brand beschäftigt waren. So ließen sich weitere Informationen über den Aufbau der Stockwerksdecken im Gebäude herausfinden.
Kugelmann ging auch den Löchern im Stall auf die Spur und fand über die frühere Gastwirtsfamilie heraus, dass die Öffnungen eine Lüftungsfunktion hatten. „Da steckt viel Detektivarbeit drin“, sagt Architekt Roman Schädle vom Bezirk Schwaben. Was die Baustelle ebenfalls anspruchsvoll macht: Die komplette Infrastruktur muss erneuert werden. Das hat sicherlich seinen Grund im Alter des Gemäuers, das über die Jahrzehnte immer wieder ergänzt oder auch erneuert wurde.
Überlieferungen zufolge soll sich im Hochmittelalter an diesem Ort der erste Sitz des Oberschönenfelder Frauenklosters befunden haben. Während der Säkularisation wurde der Hof privatisiert. 2012 kam er als Schenkung wieder zurück zum Kloster – der Bezirk hat das Gesamtgebäude in Erbbaupacht erworben. Jetzt bekommt die ehemalige Keimzelle des Klosters eine neue Funktion. Dazu gehört in Zukunft auch ein neues Museumsdepot.
Eine halbe Million Objekte aus Schwaben sollen einmal in dem mehr unter- als oberirdischen Gebäude auf rund 3000 Quadratmetern eingelagert werden: Von der Reklamemarke bis zur KartoffelDämpf-Kolonne wird alles vertreten sein, was aus der Region stammt oder dort genutzt wurde.
Zu sehen ist vom neuen Depot noch nichts. Es lässt sich nur erahnen: Im Hang klafft ein riesiges Loch. Tausende Tonnen Erdreich wurden abgetragen. Im Augenblick wird das Fundament vorbereitet. Zu sehen sein wird später nur die Glas-Holz-Eingangsfront. Sie fügt sich ebenso ins Gesamtbild ein wie das künftige Dach: Es wird nämlich begrünt. Versorgt wird das Depot genauso wie der neue Weiherhof, der mit modernem Anbau rund neun Millionen Euro kosten soll, von einer neuen Energiezentrale. Dort wird eine Luft-Wasser-Wärmepumpe eingebaut. Dazu gibt es Fotovoltaik zur Eigenversorgung.
Auch ein neues Museumsdepot ist geplant.
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