Seit mehr als 800 Jahren
besteht der Konvent in Oberschönenfeld. Die letzten Jahrzehnte brachten viele Änderungen. Von Gerald Lindner
„Ora, lege et labora“ – bete, lese und arbeite – diese drei Eckpunkte bestimmen das Leben der Schwestern im Kloster Oberschönenfeld. Im Tagesprogramm steht Gott an erster Stelle. Diese nur für ihn reservierten Stunden bilden die Hauptbeschäftigung in der Gemeinschaft. Anders als in der Welt richten sich hier die Arbeitszeiten nach den Gebetszeiten. Die Schwestern nehmen sich Zeit, um ganz für Gott da zu sein, singend, betend und schweigend – auch stellvertretend für die ganze Menschheit. „Gebet und Arbeit stehen nicht in einem Nebeneinander, sondern sie befruchten einander“, sagt Äbtissin M. Gertrud Pesch.
Momentan zählen 18 Schwestern zur Gemeinschaft. Um die Gebetszeiten und die Aufgaben zum Unterhalt des Konventes und der Abtei bewältigen zu können, wurden in den letzten Jahren weltliche Kräfte eingestellt. Somit wird die Abtei zum Arbeitgeber, wie ein kleines Wirtschaftsunternehmen. „Unsere Mitarbeiter haben inzwischen auch Tätigkeiten innerhalb der Klausur übernommen, die ansonsten nur von Schwestern ausgeübt wurden. Zum Beispiel haben wir über 350 Fenster, die jährlich geputzt werden müssen.“
Arbeit in Schweigen und im Frieden
Die Arbeit sei auf Gott hin ausgerichtet. „Daher beurteilen wir sie nicht nach weltlichen Maßstäben.“ Somit habe eine einfache Arbeit, aus Liebe zu Christus und den Schwestern getan, mehr Wert als ein großes Werk zum eigenen Ruhm. Diese Arbeit, so gut wie möglich, in Schweigen und im Frieden verrichtete Arbeit, getragen vom Geiste der Solidarität, könne so zu einem schlichten Gebet vor Gott werden.
Neben dem Gebet lädt die geistliche Lesung, „lectio divina“, zu einer intensiven Begegnung mit Gott in seinem Wort in der Heiligen Schrift ein, um damit zu einer tieferen Selbsterkenntnis zu gelangen.
Ein weiteres Merkmal im Leben der Schwestern sei die Gemeinschaft: „Das heißt, Schwester zu werden in einer Gemeinschaft mit anderen Schwestern, in einer Lebensgemeinschaft, in der man sich durch das Gelübde der Beständigkeit für immer arrangiert.“
Monatliche Gespräche
Monatlich trifft man sich zum Konventgespräch, um Dinge zu besprechen, die das Gemeinschaftsleben mit seinen Aufgaben, seinen Herausforderungen und Zielen betreffen. „Außerdem stehen mir als Äbtissin zur Beratung für größere Entscheidungen und Veränderungen zwei Räte zur Verfügung: ein Rat für die geistlichen und gemeinschaftlichen Themen und ein anderer für die wirtschaftlichen und personellen Belange.“
1951 wurden fünf Schwestern nach Brasilien ausgesandt und legten dort einige Jahre später den Grundstein für eine Neugründung. Aus dieser Gründung sind inzwischen noch zwei weitere Abteien gewachsen. Alle drei sind nun selbstständig und werden jeweils von einer brasilianischen Äbtissin geleitet. Haben die Schwestern früher selbst in die Mission gehen können, so ist dies zur Zeit nicht möglich. Die jüngste Schwester in Oberschönenfeld ist vor 14 Jahren eingetreten.
Der Glaube ist gefordert
„Wir beten jeden Tag vertrauensvoll darum und sind im Glauben vereint, dass Gott uns zur rechten Zeit jemand schickt“, gibt sich die Äbtissin zuversichtlich. „Es gab in der Geschichte Zeiten, in denen hier nur fünf Schwestern lebten. Diese gaben nicht auf, und ihnen wurde eine neue Blüte geschenkt.“ Daher sei der Glaube gefordert.
Die Zisterzienserinnen in Oberschönenfeld leben nach der Regel des Hl. Benedikt, die schon mehr als 1500 Jahre alt und immer noch hochaktuell ist. „In den über 30 Jahren, in denen ich nun hier lebe, hat sich an der Regel nichts verändert, aber der Rahmen, das klösterliche Leben, in der sie gelebt wird, hat sich mehr geöffnet hinsichtlich der Anforderungen unserer Zeit.“
18 Schwestern in der riesigen Anlage
Nur 18 Schwestern in einer riesigen, fast 300 Jahre alten Klosteranlage – das ist eine Herausforderung. „Alte Kulturgüter sind einerseits ein wertvolles Gut und Erbe, die uns übertragen und anvertraut sind, sind aber auch andererseits eine große finanzielle Belastung in der heutigen Zeit“, so Äbtissin Gertrud.
Die gesamte Klosteranlage, wie sie im 18. Jahrhundert entstanden war, überstand die Säkularisation und die beiden Weltkriege. Weil die Substanz allerdings akut gefährdet war, stand nach 1960 eine umfangreiche Instandsetzung an.
Mangelnde Arbeitskräfte, steigende Löhne und niedrige Agrarpreise zwangen die Abtei 1971, die Landwirtschaft aufzugeben und zu verpachten. Denkmalbehörden und Heimatpflege sprachen sich für die Erhaltung der Klosteranlage als „kulturgeschichtliches Dokument“ aus. 1972 begann die Renovierung des gesamten Klosterkomplexes, die bis 1995 dauerte und unter Äbtissin M. Ancilla Betting (reg. 1985–2008) zu Ende geführt wurde. Alle Ökonomiegebäude pachtete der Bezirk Schwaben und errichtete dort das Schwäbische Volkskundemuseum.
Wichtige Einnahmequellen
Neben der Verpachtung der Ländereien und der Wirtschaftsgebäude ist die Brotbäckerei, die nach klostereigenem Rezept ein Holzofenbrot herstellt, eine wichtige Einnahmequelle. Die Einkünfte werden ergänzt durch zwei Klosterläden, durch neun vermietete Appartements im ehemaligen Pfortenhaus und durch die vermietete Gaststätte Klosterstüble.
Ebenso pflegt die Abtei die Gastfreundschaft sehr und ist offen für Ruhe und Erholung suchende Menschen. Sie bietet Raum und Stille für geistliche Seminare und Exerzitien. Seit 1976 fördert der „Freundeskreis Oberschönenfeld“ die wirtschaftlichen und kulturellen Belange der Abtei. Dieser leistete in all den Jahren schon wichtige Hilfen.
Ein gutes Miteinander pflegt der Konvent mit dem Schwäbischen Volkskundemuseum, das seit 1984 in den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden untergebracht ist.
…
Kloster Oberschönenfeld: Zuerst das Gebet, dann die Arbeit – weiter lesen auf Augsburger-Allgemeine: http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Kloster-Oberschoenenfeld-Zuerst-das-Gebet-dann-die-Arbeit-id39156727.html
Hinterlasse einen Kommentar