„Der die Früchte der Erde geben, segnen und erhalten wolle“,

schallt es vielerorts in den Tagen vor Christi Himmelfahrt durch Felder und Fluren. Es ist die Zeit der Bitttage, die in vielen Gegenden mit Flurumgängen und Bittprozessionen begangen werden. In den Wochen, in denen die Natur in voller Blüte steht, richtet sich der Blick an den Bitttagen bereits auf die bevorstehende Ernte: „An Gottes Segen ist alles gelegen“, sagt man sprichwörtlich. Und so ist es das Anliegen, Gottes Segen für die Felder und Fluren zu erbitten, das in vielen Flurumgängen zum Tragen kommt.

Die Allerheiligenlitanei als Bittgebet

Die Bittprozessionen, die vielerorts an diesen Tagen stattfinden, stehen ganz im Zeichen des fürbittenden Gebetes. Schon im Alten Testament hat ein solches Bittgebet immer sehr viel mit Buße zu tun: Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der König aus Ninive, der in „Sack und Asche“ geht, als der Prophet Jona die bevorstehende Zerstörung der Stadt ankündigt (vgl. Jona 3,6). Bitten und Buße sind sehr eng miteinander verbunden, was gerade auch in der österlichen Bußzeit einen sehr markanten Ausdruck findet. Deswegen waren auch die Bitttage vor Christi Himmelfahrt eng mit dem Bußgedanken verknüpft; äußeres Zeichen dafür waren die violetten Paramente, die vor der Liturgiereform für diese Tage vorgesehen waren. Dadurch wurde noch ein anderer Gedanke verstärkt: Bitten hat etwas mit Demut zu tun und mit dem Wissen um die eigene Unzulänglichkeit. Bitten meint nicht, Gott etwas zu sagen, was er dann gefälligst herbeizuführen hat. Sondern bitten bedeutet in diesem Zusammenhang, eine Notsituation vor Gott hinzutragen und sich im hoffnungsvollen Gebet an ihn zu wenden, dass es in seiner Macht steht, in dieser Lage einzugreifen.

Ein sehr bekanntes Bittgebet, das traditionell zu diesen Tagen dazugehört, ist die Allerheiligenlitanei. Daher werden die Bitttage in der lateinischen Liturgie auch oft nur als „Litaniae“ bezeichnet. Heute ist die Verwendung der Allerheiligenlitanei an den Bitttagen nicht mehr vorgeschrieben, aber sie ist dennoch das große Bittgebet der Kirche, das gerade in diesen Tagen gepflegt werden kann. Die römische Liturgie kannte bis zur Liturgiereform übrigens zwei verschiedene „Litaniae“: Die „Litania maior“ am 25. April, dem Festtag des heiligen Evangelisten Markus, und die „litaniae minores“ an den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt. Darüber hinaus gab es schon vor der Liturgiereform immer auch die Möglichkeit, an unterschiedlichen Tagen des Jahres für verschiedene Anliegen zu beten. Das Rituale Romanum bot zum Beispiel Formulare für die Erflehung des Regens oder zur Abwehr von Gewitterschäden. Mancherorts haben sich noch die „Markusprozessionen“ erhalten, mit denen die Zeit der Flurumgänge eröffnet wurde. Meist darf ab dem Markustag oder dem Gedenktag des heiligen Georg (23. April) auch der Wettersegen gespendet werden. Bis zum Fest der Kreuzerhöhung am 14. September wird mit ihm „gedeihliches Wetter“, das Fernhalten von Blitz, Hagel und Unheil und Segen für Fluren und Felder erfleht.