Ein besinnlicher Text, den unsere Vorfahren während der Karwoche gebetet haben

zur Verinnerlichung der Erlösung (aus der Abtei Mehrerau)

Es ist ein erdachtes Zwiegespräch zwischen Maria und ihrem Sohn:

Als Jesus von seiner Mutter ging und die große heilige Woche anfing, da hatte
Maria viel Herzeleid. Sie fragte den Sohn voll Traurigkeit:
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Sonntag sein?“
„Am Sonntag werd ich ein König sein, da wird man mir Kleider und Palmen streun!“
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Montag sein?
„Am Montag bin ich ein Wandersmann, der nirgends ein Obdach finden kann!“
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Dienstag sein?“
„Am Dienstag bin ich der Welt Prophet, verkünde dass Himmel und Erde vergeht!“
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Mittwoch sein?“
„Am Mittwoch bin ich gar arm und g’ring, verkauft um dreißig Silberling!“
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Donnerstag sein?“
„Am Donnerstag bin ich im Speisesaal das Opferlamm beim Abendmahl!“
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Freitag sein?“
„Ach Mutter, liebste Mutter mein, könnt dir der Freitag doch verborgen sein!“
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Samstag sein?“
„Am Samstag bin ich ein Weizenkorn, das in der Erde wird neu gebor’n!“
„Ach Sohne, liebster Sohne mein, was wirst du am heiligen Sonntag sein?“
„Am Sonntag freu dich, o Mutter mein, da trete ich über des Grabes Stein und trag
ein Kreuz in meiner Hand, das leuchtet über alle Land!“
(Quelle unbekannt)