Gemeinsam feierten wir am Faschingssonntag im Bistro unseres Refektoriums 

die fünfte Jahreszeit. Bei Sketchen, Rätseln, Singen und Essen konnten wir viel miteinander lachen.

Eine besondere Büttenrede hielt M. Gertrud.

Hier ein Einblick:

Bericht eines hochpositionierten Karriere-Leiter-Steigers,

dem die „Höhenluft“ zu dünn wird, Erholung in der Abtei Oberschönenfeld sucht,

um in aller Ruhe an den Pedalen der Luxusbequemlichkeit zu schrauben.

  1. Nacht

Handyverzicht,  kein PC ,  keine Mail´s ,  nichts.

Dafür läutet es – zwar nicht das Handy – es läutet, jede 15 Minuten, es läutet 1mal, es ist also 15 nach, es läutet 2mal, aha 30 nach, 3mal und 4mal.  Nach diesem 4. mal einfach zählen und ich weiß die Uhrzeit.

Armbanduhren, Zeitschaltuhren, und sonstige Timewatchers waren sicher keine klösterlichen Erfindungen. Hier regiert die Kirchenglocken – Philosphie!

Eben zählte ich die Maximalzeit 24 Uhr – Oh – Geisterstunde!

Schlafen geht nicht – Rollkur im Bett – von einer Seite zur anderen.

Wieder läutet es 0 h15. Einschlafen wäre schön.

Stattdessen starre ich auf´s Handy: kein Netz, ich blicke auf das Firmenhandy: kein Netz. Es läutet abermals, nur nicht das Handy!

Termine purzeln durch mein konsumgesteuertes Manager-Gehirn,

stattdessen : dong, dong, dong……

„diese dicken Klostermauern, lassen die den Menschen versauern?“

Diese dicken Mauern, nur dong, dong….1Uhr, jetzt reichts, ich will schlaaaafen. „Dong – Schnauze voll“ wütend packe ich das Handy,

bereit es aus dem Fenster zu schleudern…

Da blickt mich EINER an, mahnend, dieser Mann am Kreuz.

Es geht mir durch und durch. Ich werde ruhig……, betrachte die anderen Bilder im Raum, Gemälde einer anderen Epoche, „Wie war es in eurer Zeit – ohne High.tec-speed–electronic. Wie habt ihr gelebt?“

Die Frage an mich: „Bist du, ungeduldige Seele, nicht deshalb ins

Kloster, um nicht ständig verfügbar zu sein. Undankbarer Kleingeist!“

Der vergangene Tag geht durch mein Denken:

der freundliche Empfang als einzigen Gast; das liebevoll servierte Abendessen, die äußerst geduldige Gastschwester.“ Heute sind sie allein, morgen wird das Haus voll“. Ein Funke schlechten Gewissens lässt mich zum Kreuz blicken, die Uhr läutet die 2. Stunde. Ich werde ruhig und schlafe ein.

8h45 wache ich auf – oh je – verschlafen!

Ob es wohl noch einen Kaffee gibt? Schnell waschen, anziehen und mit einem schlechten Gewissen schleiche ich vorsichtig zum Saal, spitzle schüchtern hinein. Statt, „wer nicht kommt zur rechten Zeit“ heißt es von der Gastschwester im freundlichen Ton „Guten Morgen“. Geduldig fügt sie hinzu: Einen Kaffee — konnten Sie gut schlafen? Bedienen Sie sich: Wurst, Käse, Klosterbrot, alles ist da.

Um 11h30 ist Mittagessen, bitte pünktlich sein. Wir erwarten eine Gruppe, daher heute Mittag das Essen vom Buffet. Sie sitzen. Sie weist mir den Platz.

Ich genieße das Frühstück, den großen, hohen, stillen Raum, betrachtend und sinnierend:

„was du heute könntest besorgen, das verschieb auf über, über, übermorgen.“

Noch immer versuchend in der Stille anzukommen, betrete ich mein Zimmer. Draußen wird es laut. Junge Menschen drängen in das Gemäuer. „Aha, die Gruppe“. Aus ist´s mit der Stille, in der ich immer noch nicht angekommen bin. Das nächste Problem positioniert sich: Heute Mittag Buffet!

Ich denke präventiv.

Mein Freund ist Chirurg und liebt es, mich mit Geschichten von komplizierten, irreparablen Brüchen zu verunsichern. Außerdem sind in mir Erinnerungen an meine Studentenzeit, ich war sehr schüchtern. Damals wurde ich von einem Buffetdrängler so attakiert, das mich ein gebrochener Zeh wochenlang humpeln ließ.

Ich hatte mir geschworen, das passiert Dir nie wieder.

Und heute mittag Buffet mit den Ankömmlingsrabauken. In weiser Voraussicht und prophylaktischer Planung habe ich Stahlklappenschuhe, nebst Ellenbogen- und Knieschützern im Gepäck. Ich muss ja als beruflicher „Verantwortungsträger“ jeglicher Verletzungsgefahr aus dem Wege gehen.

Praevention, nichts geht über Praevention. Ich entschied mich auch für die Mitnahme meines Fahrradhelmes…..

Ein wenig seltsam mustern mich die zarten Damen, als ich den Saal betrete. Die befürchtete Buffetschlange ist bereits in Aktion.

  1. Speisesaalimpression

Die Riesenschlange wirkt friedlich. Dazwischen – in braver Anreihung – drei Ordensschwestern – gefolgt von Teenies der Marke „ halbstark“, danach Midlifers, am Schwanzende zwei Mönche im Habit, den Schluss mache ich.

Der Mönch vor mir betet den Rosenkranz, leise murmelnd, sicher handhabt er damit Praevention auf seine Weise.

„Klirr“, der Dame, die sich am Buffet ca.20 Kopf vor mir bedient, fällt die Gabel auf den Boden. Der Folgegast hebt sie höflich auf.

Ich reflektiere mich in meiner Sicherheitsmontur und denke sorgenvoll an die Dame, 12 Kopf vor mir, die sich mit Rollator zum Buffet wagt. „ Das ist Optimismus“, ermutige ich mich still.

Ich staune! Gesittetes Anstehen, keiner tritt, keiner drängelt, keiner flucht, keiner klaut. Ein paar Kopf vor mir ragt einem Herrn die Geldbörse greifbar aus der Hosentasche. Nicht einmal die halbstarken Folgeteenies interessieren sich dafür.

Nun bin ich an der Reihe. Ich staune, von allem ist noch genug da.

Die „Rabaukengruppe“ tafelt still. Niemand benutzt ein Handy.

Die Buffetschlange formiert sich aufs Neue. Ich bleibe gelassen. Die Schlange bleibt gemäßigt fluktuierend.

Der vegane 4er Tisch neben mir, bestückt mit weiblich schmalen „Kurvenlinealen“ verzichtet ganz. Der Teint der Damen entbehrt der Frage nach dem Verzicht. Die Geräusche im Saal erinnern an monotones Hornissengemummel, gelegentlich fällt Besteck zu

Boden – einheitliches Köpfedrehen zum Verursacher, danach Drehung zurück.

Mit einem Mal Stille. Der halbe Speisesaal erhebt sich zum Dankgebet, der Rest schweigt.

Vorm Verlassen des Saal´s stellt jeder seine Teller auf die Servierwägen, alles löst sich auf. Auch ich gehe auf´s Zimmer und gönne mir Exotik: Mittagsschlaf.

Meine Sicherheitsausrüstung wandert anschließend guten Gewissens ins Auto. Danach gönne ich mir Kaffee und Torte im Saal.

Die Gastschwester fragt mich, ob ich Lust hätte, um 17h30 Uhr in die Vesper zu kommen. Mein Gefrässigkeitssektor im Genießergehirn wird hellhörig. Vesper in der Ambiente einer Kapelle. Das klingt gut und interessant. Stehtische mit Drinks und Sandwiches stehen vor meinen Augen.

Um meine Sahnetorte zu verdauen, gehe ich zum joggen….

  1. Vesper

17h28 betrete ich leicht hungrig und durstig die Kapelle – und wieder lehrt mich meine Neigung zur Fehlinterpretation Staunen.

Ein paar Gäste sitzen, zur linken Gebetbücher, „dong, dong“.

Die Schwestern ziehen ein, ich bin perplex. Es folgt ein engelsgleicher Psalmengesang……

Der Blick ins Gebetbuch läßt meine Lateinkenntnisse wieder an die Oberfläche purzeln….

Und ich erkenne in mir meinen „verweltlichten Blödsinn“. Ich hätte doch wissen müssen….Na klar Vesper Abendgebet!

Lachen über sich selbst ist die beste Medizin gegen Alltagsverbitterung…. Errare humanum est.

Die Faszination am Gesang der stimmbegabten Schwestern lässt mich bis zum Ende ausharren.

 

  1. Wendepunkt „Tempora mutantur“.

Sehe ich mich anschicke, zum Speisesaal zu gehen, spricht mich ein älterer Vesperbesucher an.

 Nachdem er meinem Heimatort erfragt hat, überflutet er mich mit Komplimenten, die von akkurat und zuverlässig reichen. Er erzählt mir, dass er Botendienste für die Schwestern übernimmt und gerade jemanden sucht, der ihn für diese Zeit vertritt. Er sehe mich ja sicherlich am anderen Morgen um 6h30 noch zur Laudes. Irgendwie spüre ich die Erwartung eines JA´s. Ich kann gar nicht anders.

Des nachts schlafe ich überraschend gut, um 6h30 bete ich brav die Laudes mit. Der ältere Herr lächelt mich erleichtert an.

Der Wind hat sich gedreht. Keinen Gedanken verschwende ich an Handy und PC. Kurzentschlossen übernehme ich die Fahrten der nächsten Tage für die Schwestern. Es ist hoch interessant, was diese mir alles so erzählen…vor mir öffnet sich eine neue Welt. Ich ernte viel Lob und Dank!

Der über Jahrzehnte ruhende Dialog mit meinem Schöpfer wurde wieder erfolgreich aufgenommen.

Nach 10 Tagen trat ich die Heimreise an, glücklich und erfüllt!

 

Vergelt´s Gott!   Ich komme wieder!                                               (Margit Schäfer)