Ab September soll bei Gessertshausen ein Depot für 500.000 Gegenstände aus Schwaben entstehen.

Auch Künstler bekommen Ateliers. So laufen die Arbeiten.

Gessertshausen

 

Vielleicht erinnern sich manche 2020 war die Entscheidung für ein Kulturforum auf dem Weiherhof im Gemeinderat in Gessertshausen gefallen. Drei Jahre sind seitdem vergangen, nun liegen die Pläne fast fertig auf dem Tisch. In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat nochmals positiv abgestimmt – diesmal ging es um den Teilabriss und die Sanierung der alten Gemäuer. Inzwischen sei die Entkernung des Weiherhofs in vollem Gange, berichtet Saskia Grandel vom Bezirk Schwaben nach der Sitzung. Auch schadstoffbelastetes Material werde dabei abgetragen. Im Juli und im August sollen dann die ersten Bauarbeiten auf dem Gelände beginnen.

Gestartet wird mit dem Bau eines Kunstdepots für die Kulturgutsammlung des Museums  Oberschönenfeld. Im Westen des alten Weiherhofs, teils unter der Erde, sollen 500.000 Objekte eingelagert werden. Von der Reklamemarke bis zur Kartoffel-Dämpf-Kolonne wrd alles vertreten sein, was aus der Region stammt oder dort genutzt wurde. Die ältesten Objekte stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, die jüngsten aus der heutigen Zeit. Acht Millionen Euro werde das neue Depot kosten und rund 3000 Quadratmeter Raum bieten, erklärt Denisa Pasalic vom Hochbauamt auf Nachfrage. „Das Depot wird zum Teil unter dem Hügel liegen, nur seine Eingangsfront wird unter einem begrünten Dach zu sehen sein“, sagt sie. Steht man mit dem Rücken zur Depotwand, könne man in Zukunft auf den Neubau blicken, beschreibt ihre Kollegin Grandel das Gelände und die Umbaupläne am alten Hof.

Der Weiherhof hat eine lange Geschichte. Ursprünglich beherbergte er die Nonnen des Klosters Oberschönenfeld, bevor diese 1211 in ihr heutiges nördlich gelegenes Domizil umzogen. Über viele Jahrhunderte nutzten sie den Ort bei Döpshofen nur noch als Fischweiher, woher sein heutiger Name stammen dürfte. Einen Rückschlag gab es für den Weiherhof 1975, als das barocke Gebäude kurz vor den Weihnachtstagen abbrannte; der Brand konnte nie aufgeklärt werden. Bis in jüngste Zeit war dort noch ein Gasthof untergebracht, damals war der Weiherhof noch im Privatbesitz.

Das solle sich nun ändern, betont Grandel und berichtet, dass jetzt auch ein kleiner Weiher wieder angelegt werden solle. Der Weiher wird über den Garten ebenso öffentlich zugänglich sein wie das kleine Café mit Biergarten.“

Ein offenes Kunstforum sei geplant, das Menschen auch aus dem Umland  anlocken solle. Am Nordende werde für sie ein Besucherparkplatz eingerichtet.

Nach dem Brand waren noch Teile des alten Weiherhofs denkmalgeschützt, zum Beispiel der ehemalige Pferdestall, der jetzt zum Veranstaltungsraum umgestaltet wird. Auch Teile der bekannten Fassade, erklärt Grandel hätten dazugehört – diese Fassade wird in Gänze wieder hergestellt. Vom Abriss betroffen ist der alte Anbau im Norden; er wird durch einen kubusförmigen Neubau ersetzt. Dieser moderne Kubus ist Teil des Kulturkonzepts, das der Bezirk Schwaben entwickelt hat – federführend Silvia Kugelmann. Mehrere Kunsträume sollen auf dem Gelände und in den Gebäuden entstehen: der Erste im Erdgeschoss des Kubus, wo Kinder und ältere Schüler ihre Kreativität ausleben können, darüber, im ersten Stockwerk, der zweite Kunstraum mit den drei Malateliers für Künstlerinnen und Künstler.

Pro Jahr können diese als Stipendiaten jeweils zwei Monate im alten Trakt in acht Appartements unterkommen, eines davon wird barrierefrei sein. Im Stadl südlich des Weiherhofs werden für sie Kunstwerkstätten eingerichtet. Pro Jahr bekommen 24 Stipendiatinnen oder Stipendiaten, die über eine Jury ausgewählt werden, die Chance, im Weiherhof gemeinsam zu leben und zu arbeiten. „Das Gebäude liegt im Grünen, fernab des Lärms einer Großstadt“, hatte Kugelmann beim Start der Planungsphase vor drei Jahren gesagt und den Weiherhof als ideale Arbeitsumgebung für Kunstschaffende bezeichnet.

Nicht nur die Wohnungen und Ateliers, auch alle öffentlichen Flächen sollten barrierefrei zugänglich sein, beschreibt Grandel den Inklusionsgedanken des Konzepts, auch der Kunstraum für Erwachsene; diese werden als Besucherinnen und Besucher den Weiherhof im Foyer betreten können. Von dort geht der Blick hinauf in den sogenannten Luftraum, wo Installationsobjekte hängen können. „Über Treppe und Lift gelangt man in die zweistöckige umlaufende Galerie, deren Wände ebenfalls als Ausstellungsfläche dienen“, erklärt Grandel die Idee dieses dritten Kunstraums. Auch draußen wird Kunst für die Besucher zu sehen sein: Ein Klang-, ein Farbenspiel-, ein Ruhe- und ein Skulpturengarten sollen dort entstehen.

Das gesamte Gelände gehört nach einer Privatschenkung inzwischen wieder dem Kloster und wurde über einen Erbpachtvertrag zum Bau und Betrieb des Kulturforums den Projektverantwortlichen überlassen. Träger des Projekts ist der Bezirk Schwaben, unterstützt von seinem Kooperationspartner, dem Landkreis Augsburg. Die Kosten für die Um- und Neubaumaßnahmen am Weiherhof liegen bei 9,3 Millionen Euro, im September erfolgt der Spatenstich. „Wenn alles gut läuft, können wir 2025 eröffnen“, hofft Grandel.

Tipp: Wer nochmals einen Blick in den alten Weiherhof werfen möchte, kann sich über ein Video („Umbaustart Kunst-Raum Weiherhof“ auf Youtube) durch die Räume führen lassen.

https://youtu.be/xRFPYnziScY